Cover „Die Erinnerungsfotografen“ (Bildrechte: Hoffmann und Campe)
„Das scheint mit nun mal der Lauf der Dinge zu sein. Seinen Lebensweg zu finden, bedeutet demnach wohl auch, sich allmählich von den Erinnerungen verabschieden zu müssen „
(S.22)
Inhalt: Die Erinnerungsfotografen sorgen nicht für irgendwelche Erinnerungsfotos ihrer Kunden, sondern für genau diese besonderen Aufnahmen, die wir sehen wenn wir uns auf unsere letzte Reise begeben. Sie bilden sozusagen die Grundlage dafür, dass sich unser Leben noch einmal vor unserem inneren Auge abspielen kann. Gemeinsam mit dem Fototgrafen Herrn Hirasaka begleiten wir drei sehr unterschiedliche Personen auf ihrem weg ins Jenseits. Man erfährt eine Menge über das Leben und die unterschiedlichen Prioritäten, die jeder im Leben hat. Eine fantasievolle Reise, die einen über das eigene Dasein nachdenken lässt.
Leseeindruck: Durch die kurzen Absätze fliegt man förmlich durch den Roman, auch die mystische Atmosphäre des Fotostudios hat mich durch die Geschichte getragen, denn es gibt so unendlich viel zu entdecken und die Geheimnisse der Erinnerungsfografie zu lüften. Ständig habe ich mich dabei ertappt, wie ich darüber nachgedacht habe, welche Bilder ich mir wohl aussuchen würde. Genau diese Hintersinnigkeit macht die Geschichte so besonders. Die eigentliche Handlung, rund um das vergangene Leben der, nennen wir sie mal Kunden mag recht unspektulär sein und doch hat mich jedes einzelne Schicksal bewegt, denn genau so ist es doch im wahren Leben. Jedes Leben ist es wert erzählt zu werden. Nicht nur die vermeindlich großen Taten sollen in Erinnerung bleiben. Nein, jedes Ereignis, egal wie klein und zunächst unbedeutend erfüllt seinen Zweck im großen Räderwerk des Lebens.
Es fällt mir wirlich schwer, über die einzelnen Charaktere zu schreiben, ohne schon zu viel vorweg zu nehmen, denn es passieren so einige Dinge, mit denen ich nicht gerechnet hätte. Eines ist aber sicher, die Charaktere sind mir wirklich alle ans Herz gewachsen und es war mir eine Freude gemeinsam mit Ihnen zurück zu bedeutenden Momenten ihres Lebens reisen zu dürfen. So konnte ich die alte Dame und ihren Bus bewundern, dabei ihren Tatendrang und ihre Aufrichtigkeit erleben, genauso wie ich in die Geschichte um das Mäuschen und den Held eingetaucht bin. Beide Geschichten könnten unterschiedlicher nicht sein. Während die alte Hatsue fast schon zufrieden ihre Auswahl an Bildern zusammensucht, ist der Protagonist der zweiten Geschichte eine unruhige Seele. Waniguchi führte als Krimineller ein Leben voller Grenzerfahrungen. Mehr will ich nun wirklich nicht erzählen, denn die Lebensgeschichten wirken sicher am besten, wenn man sie unvoreingenommen liest. Mich haben beide sehr beeindruckt.
Lieblingsnebencharakter: Mal wieder ist diese Frage schwer zu beantworten. Ganz spontan aus dem Bauch heraus, wähle ich Nezumi, den Mitarbeiter von Waniguchi. Ein hezensguter Mensch, der mit seiner Art viele Menschen glücklich gemacht hat und aus Waniguchi ganz nebenbei auch noch einen besseren Menschen gemacht hat.
Fazit: Ein gefühlvoller Roman über den Sinn des eigenen Lebens. Feinsinnig gezeichnete Charaktere führen durch die Geschichte, die sich im laufe der Zeit als sehr vielschichtig entpuppt. Ein Roman der nachhallt und zum Nachdenken anregt und bei dem man beim zweiten Lesen sicher wieder neue Nuancen erkennt, die einem vorher nicht ins Auge gefallen sind.
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