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Rezension: „Als wir unsterblich waren“ von Charlotte Roth

Cover

Als wir unsterblich waren, Charlotte Roth (Bildquelle: Knaur TB)

„Hier geht es nicht um banale Liebesgeschichten. […] Es geht um die Lage in unserem Land, und die betrifft uns alle, egal, ob wir neunzehn oder neunzig sind.“ (S.14)

Inhalt: Berlin 1989: Alexandra lebt allein mit ihrer Oma in Berlin als sich die Grenze öffnet und Alexandras Leben eine ganz neue Richtung gibt. Sie trifft Oliver, es ist Liebe auf den ersten Blick, aber für ihre Oma gerät dadurch ihr ganzes Leben aus den Fugen – nicht zum ersten Mal. Es entspinnt sich eine Geschichte, die mit Paula im Berlin von 1912 beginnt.

Leseeindruck: Eines vorab, ich bin kein Fan von Wende-Geschichten. Diese hier ist aber anders. Es geht vielmehr um die turbulente Geschichte einer Stadt, die sich zwischen 1912 und 1989 abgespielt hat. Politische Kämpfe, Parteigründungen, Krieg aber auch Liebe prägen das Leben von Paula und ihren Freunden. Ich habe sie alle sehr gern auf ihrem Weg begleitet. Manni, Clemens und Harry als drei Freunde, die so schnell nichts trennen kann, die aber unterschiedlicher nicht sein können. Die junge Paula, die vor Energie und Lebensfreude nur so sprüht, aber nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens steht. Der kleine Joachim, Johanna, Ilse, Klara, Kutte, Ruben oder Rieke sie alle füllen die Seiten mit Charme und echtem Leben. Man kann gut nachempfinden, wie das Leben zu Beginn des letzten Jahrhunderts in der Hauptstadt gewesen sein muss. Eine Geschichte aus der Sicht des einfachen Volkes, die ihre Träume erfüllen wollen, aber mit der großen Katastrophe ihrer Zeit zurecht kommen müssen. Das Buch lebt von seinen Typen und der bildhaften Sprache, die einen in eine andere Zeit katapultieren.
Besonders gefallen hat mir der Erzählstil. Grundsätzlich wird die Geschichte chronologisch erzählt, beginnend mit 1912. Es gibt jedoch einige Einschübe aus dem Jahr 1989, bis es wieder gekonnt in Paulas Jugend weiter geht. Dadurch werden Alexandras und Paulas Geschichte miteinander verbunden. Nach und nach erkennt der Leser welche Verbindungen die beiden haben und auch das letzte Familiengeheimnis wird gelüftet.

Lieblingsnebencharakter: Das ist diesmal nicht so einfach, denn es gibt keinen, den ich nicht mag. (Außer natürlich den Mann, der sich hinter der Abkürzung GS verbirgt). Mein Bauch hat letztendlich entschieden und sagt: Joachim. Er war 1912 noch ein Kind und wir haben miterlebt wie er älter wurde und immer ein glühender Anhänger seiner Hertha (BSC) geblieben ist. Bei ihm ging mir immer das Herz auf und ich habe wegen ihm auch ein Tränchen verdrückt.

Fazit: Ein rundum tolles Buch. Herzschmerz, Liebe, Freundschaft, Politik, Krieg und Verlust all das finden wir in dem Buch wieder, ohne dass es in Kitsch mündet. Die politischen Ereignisse sind gut recherchiert und bieten einen angemessenen Rahmen für die Handlung. Für alle, die eine turbulente Biographie einer Frau lesen wollen, die mehr über den Geist von Berlin lernen wollen, einen historischen Roman über die Arbeiterbewegung rund um SPD und KPD kennenlernen wollen und nicht zuletzt an einer Geschichte rund um Freundschaft und Familie interessiert sind.
Ich war nie gelangweilt oder konnte die Handlung vorher sehen, daher die volle Punktzahl.

Bewertung:
5 out of 5 stars

Bibliographische Angaben:
Titel: Als wir unsterblich waren
Autor: Charlotte Roth
ISBN: 9783426512067
Ausgabe: Taschenbuch (9,99 €)
Verlag: Knaur TB