„Dieser Montag ist der letzte Tag meines dritten Lebens. Ich bin Tara Rubina Doron und am Dienstag wird es nicht mehr hell.“
(S.147)
Inhalt: Alún und Tara waren mal beste Freunde und auch noch mehr, doch dann ist etwas zwischen Ihnen passiert, was sich nicht so einfach kitten lässt. Zu allem Überfluss leben sie in einer Welt, die von Technik und einem autoritären Staatsgefüge geprägt wird. Als wäre das nicht alles kompliziert genug, bringt auch noch ein Chemieunfall in ihrer unmittelbaren Nähe alles durcheinander. Während Tara zurück in nun verseuchtes Gebiet zieht, bleibt Alún in der vermeindlich heilen Welt und widmet sich voll und ganz seiner Street-Art. Kann es unter diesen Vorzeichen eine Versöhnung geben?
Leseeindruck: Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Tara und Alún, deren Kapitel sich abwechseln und aus der jeweiligen Ich-Perspektive verfasst sind. Taras Kapitel haben mir ein Stück weit mehr Spaß gemacht, da ich ihre Welt und Schicksal interesanter finde. Auch ihren Gedankengängen bin ich etwas näher, was direkt dazu geführt hat, mich auf ihre Seite zu schlagen. Alún hatte also von Beginn an einen schwereren Stand bei mir, was aber auch an seinem distanziertem Umfeld gelegen haben dürfte. Insgesamt gefällt mir der Kontrast zwischen den beiden Welten gut, denn so ist man gezwungen sich mit verschiedenen Aspekten der Romanwelt zu befassen und hat eine Menge Möglichkeiten eine Identifikationsfigur zu finden. Auf diese Weise ist der Roman für eine breite Leserschaft geeignet. Auch die angesprochenen Themen sind sehr facettenreich. Eine Teenagerliebe wird genauso thematisiert wie Naturschutz, Krankheit, Freundschaft, Staatsautoritäten und die alternative Kunstszene der Street-Art, das alles findet in einer dystopischen Umgebung statt. Man könnte meinen, dass so viele Themen für Ablenkung und wenig Tiefgang sorgen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der Verlauf des Romans zeigt wie eng verzahnt alle gesellschaftliche Probleme miteinander sind. Außerdem wird man ständig zum Nachdenken und Hinterfragen animiert. Für mich einer der wichtigsten Punkte für einen guten Roman. Man wird nicht nur unterhalten, sondern auch gefordert sich selbst eine Meinung zu bilden. Nicht zuletzt das fantastische Ende zwingt einen fast dazu, sich seine Gedanken zu machen. Ein schnelles Zuklappen nach dem letzten Kapitel ist im Prinzip unmöglich. Durch die vielen verschiedenen Charaktere, vom aufmüpfigen Teenager bis hin zur überambitionierten Ärztin bekommen die Leser*innen immer wieder unterschiedliche Ansichten dargeboten, da sollte für jede*n klar werden, dass es nie nur richtig oder falsch, gut oder böse gibt, sondern eine unendlich große Menge an Grautönen. Das beste Beispiel hierfür ist die Geschichte von Ste. Übrigens habe ich lange gerätselt, was es mit ihr auf sich hat. Eine sehr interessante Figur, deren Schicksal mich tief berührt hat. Lest einfach selbst.
Lieblingsnebencharakter: Ganz klar Taras Opa. Er ist sich treu, vermittelt zwischen den Partein und bietet immer einen etwas anderen Blick auf die Situation an. Ohne ihn würde dem Familiengefüge um Tara definitiv etwas fehlen, denn er bringt mit seinem Alter nochmal die Sicht einer anderen Generation zum Vorschein, dieser Blick hat mir gefallen und gibt der Story mehr Tiefe. In Alúns Story gefällt mir Rose, die unabhängige Street-Art-künstlerin am besten. Sie lässt sich nicht verbiegen und sorgt mit ihrer geheimnisvollen Art für Spannung. Ich hätte sehr gern noch mehr über sie erfahren. Sie hätte noch so viel zu erzählen gehabt, da ist es schade, das sie „nur“ eine Nebenfigur ist. Nicht unerwähnt soll Alúns kleine Schwester Lone bleiben. Sie bringt so viel Menschlichkeit in ihre Familie, dass es mich tief traurig gemacht hat – das sollte nicht die Aufgabe eines kleinen Mädchens sein.
Fazit: Dystopie trifft Liebe, Natur, Kunst und Freundschaft. Eine Mischung, die sehr gelungen ist und für eine Menge Abwechslung sorgt. Dabei paart sich tolle Unterhaltung mit gesellschaftlich wichtigen Themen, die einen gerade zu zwingen sich seine eigenen Gedanken zu machen. Die sehr verschiedenen Charaktere bieten wirklich allen Leser*innen eine Identifikationsfigur. Wer ein packendes, gut lesbares und innovatives Buch sucht, wird mit „Taras Augen“ glücklich werden.
Bibliographisch Angaben:
Titel: Taras Augen
Autorin: Katharina Bendixen
Verlag: mixtvision
ISBN: 9783958541818
Ausgabe: Klappenbroschur (17 Euro)
empfohlenes Lesealter: ab 14 Jahre
Ich danke dem Verlag für das Leseexemplar.