Rezension: „Das Beste kommt noch“ von Richard Roper

Cover „Das Beste kommt noch“ (Bildrechte: Rowohlt)

„Hast du… hast du jemals eine so große Lüge erzählt, dass du das Gefühl hattest, ihr nicht mehr entkommen zu können … dass du … dass du immer weiterlügen musstest?“

(Andrew, S.316)

Inhalt: Wenn Menschen alleine sterben und es auch keine Verwandten gibt, die sich um den Nachlass oder die Beerdigung kümmern können, braucht man einen Nachlassverwalter. So wie Andrew einer ist.
Er muss sich beruflich mit der Einsamkeit der Menschen auseinandersetzen, dabei ist er doch selbst von Einsamkeit geplagt. Seine Frau und Kinder hat er sich nur ausgedacht, um den gesellschaftlichen Konventionen zu entsprechen. Eine Taktik, die gut funktioniert, bis Peggy seine neue Kollegin in sein Leben tritt und Andrews Lügengerüst zum Problem wird.

Leseeindruck: „Das Beste kommt zum Schluss“ habe ich mehr oder weniger zufällig in die Hände genommen. Jetzt kann ich sagen, was ein Glück. Selten sind mir die Protagonisten so schnell ans Herz gewachsen wie Andrew und Peggy. Gerade Andrew hätte ich von Beginn an am liebsten in den Arm genommen und gesagt: „Du bist ein toller Kerl, das ist alles was zählt und niemand ist perfekt, was solls?“ Er hat sich so in seine eigene Welt zurückgezogen, dass für ihn jeder soziale Kontakt eine Herausforderung darstellt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass er quasi Ausversehen seine Famile erfunden hat. Es ist fast schon tragisch mit anzusehen wie er sich immer weiter darin verstrickt, anstatt die Lügerei zu beenden. Gerade das macht ihn so sympathisch, er will niemandem etwas Böses, er will einfach nur seine Ruhe. Andrew ist in jedem Fall ein Meister im Verschlimmbessern, egal in welcher Lebenslage. Viele Szenen schwanken daher zwischen einer angenehmen Komik und einer Portion Tragik. Andrews Gefüglschaos überträgt sich quasi auf den Leser oder eben die Leserin. Diese Abwechslung hat mir gut gefallen.
Im Gegensatz zu Andrew steht Peggy mitten im Leben, allerdings mit gehörigen Eheproblemen. Ihr Humor ist einfach nur großartig, man könnte aber auch sagen britsch. Sie tut Andrew in jeder Beziehung gut und dafür liebe ich sie. Es wird schnell klar, dass die beiden sich sympathisch sind und ich bin so dankbar, dass die Story eben keine kitschige Liebeskomödie bzw. -tragödie ist. Die Figuren haben Ecken und Kanten, so einige Macken und sind nicht perfekt.
Auch das Grundthema der Nachlassverwakltung bietet viel Möglichkeiten auch ernste Themen zu verpacken gepaart mit einigen komischen Elementen hat man trotzdem eine Menge Spaß beim Lesen. Wobei mich die Schicksale der Verstorbenen doch sehr berührt haben, denn wer will schon einsam sterben? Wir müssen alle einmal gehen und doch wünscht sich bestimmt jeder nicht auf der Stelle in Vergessenheit zu geraten.
Andrews privates Schicksal ist deshalb doppelt bitter. Er kümmert sich so intensiv um seine Fälle und lässt sein eigenes Leben dabei völlig außen vor, obwohl er selbst genauso eine freundschaftliche Hand bräuchte. Als er an seinem persönlichen Tiefpunkt angekommen ist, habe ich mich kaum getraut weiterzulesen, weil ich so viel Angst um ihn hatte.

Lieblingsnebencharakter: Diesmal fiel mir die Wahl leicht. Die Kollegen im Büro dienen höchstens als verrückte Nebenelemente, die der Story ein paar eigenwillige Situationen liefern und der Leserschaft klar machen, dass Andrew und Peggy die Guten sind.
Wirklich großartig sind Andrews Modeleisenbahnfreunde, die er bisher nur über ein Internetforum kennt. Sie sind alle sofort da, als er im echten Leben Hilfe braucht. Wahre Freunde eben.
Man mag das die Modeleisenbahnnerds als Spitze des Eigenwilligen betrachten, wodurch Andrew noch eigensinniger wirkt. Ich habe sie vom ersten Moment geliebt, da jeder für eine andere Sache brennt. Darüber sollte niemand urteilen.

Fazit: Eine Geschichte über Einsamkeit, verpasste Chancen und die Liebe, voller Leichtigkeit und doch Tiefgang mit zwei Hauptfiguren, die einem einfach ans Herz wachsen. Das perfekte Buch, wenn man einfach mal bei einer unterhaltsamen Geschichte abschalten will.

Bewertung:
5 out of 5 stars

Bibliographisch Angaben:
Titel: Das Beste kommt noch
Autor: Richard Roper
Übersetzung: Katharina Naumann
Verlag: Wunderlich
ISBN: 9783805200448
Ausgabe: Hardcover (20 Euro)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert