Rezension: „Die Spiegelreisende – Die Verlobten des Winters“ von Christelle Dabos

Cover „Die Verlobten des Winters“ (Bildrechte: Insel)

„Je besser Ophelia die Gesellschaft des Pols kennenlernte, desto verzagter wurde sie. Als sie hergekommen war, hatte sie gehofft, auch Menschen zu treffen, denen sie vertrauen konnte, doch um sich herum sah sie nur große verwöhnte Kinder […].

(S.316)

Inhalt: Eine fantastische Welt, in der die Menschen auf verschiedenen Archen, einer Art Kontinent, leben und auch ganz bestimmte übernatürliche Fähigkeiten haben. Ophelia ist auf Anima groß geworden und damit eine Animistin und kann sich mit Hilfe von Spiegeln durch den Raum bewegen. Entgegen aller Traditionen wurde für sie eine Heirat mit einem Mann von einer weit entfernten Arche arrangiert. Zudem soll sie ihrem Verlobten Thorn dahin folgen. Es liegt ein beschwerlicher Weg vor Ophelia, denn am Pol sind Intrigen und Machtspielchen an der Tagesordnung, außerdem muss Ophelia noch die Frage klären, warum gerade sie ausgewählt wurde.

Leseeindruck: Ich liebe Welten, die besonders sind und noch dazu bis ins kleinste Teil durchdacht. Genau in so eine Welt taucht man in der Spiegelteisendesaga. Mich hat die Magie sofort gepackt. Die Bewohner Animas haben so tolle Fähigkeiten, vom Lesen von Gegenständen. Also das Eintauchen in die Vergangenheit der verschieden Dinge bis hin zum Papier reparieren. Und auch die Bewohner der anderen Archen sind alle in irgendeiner Form besonders. Mal in guter und mal in schlechter Weise. Überhaupt ist die gezeigte Welt unglaubluch abwechslungsreich. Ich hoffe sehr, dass es in den folgenden Bänden noch Ausflüge auf andere Archen geben wird.
Im ersten Band bewegen wir uns ausschließlich auf Anima und dem Pol. Zwei Regionen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Anima ist von Wärme und familiären Zusammenhalt geprägt, während auf dem Pol Kälte in jeglicher Hinsicht bestimmend ist.
So bin ich auch mit keinem Charakter vom Pol warm geworden. Ständig dachte ich mir: Was hat er/sie wirklich vor? Allerdings treibt dieses Misstrauen auch die Neugierde an. Man fliegt förmlich durch die vergleichsweise kurzen Kapitel.
Da eben viele der Charaktere eher undurchsichtig sind und auf ihre eigenen Interessen fixiert, fällt es umso leichter Ophelia ins Herz zu schließen. Sie ist einfach herzensgut und ihre tollpatschige Ader macht sie einfach noch sympathischer. Überhaupt ist sehr schön, dass die Charaktere alle ihre Ecken und Kanten haben. Dadurch sind sie so schwer zu durchschauen, was den Lesespaß umso größer macht.
Man merkt der Geschichte natürlich auch an, dass es ein Auftakt einer Reihe ist, denn es werden unzählige Besonderheiten der Archen und ihrer Bewohner innerhalb der Handlung erklärt. Trotzdem leidet die Spannung kaum.
Allerdings hat mich eines zunächst wirklich gestört. Das Frauenbild, dem sich Ophelia fügen soll ist einfach nur schrecklich. Den Mund halten, dem Mann gehorchen und Kinder bekommen. Punkt. So oft habe ich gedacht: Das kann doch nicht wahr sein. Ein Buch, das auch junge Mädchen ansprechen soll und dann solche Werte vermittelt… Zum Glück erkennt man bei Ophelia sofort den Drang zu einem selbstbestimmten Leben. Auch wenn sie dafür noch viele Hürden überwinden muss und sicher in den folgenden Bänden noch weitere kommen werden, bin ich zuversichtlich, dass sie ihren Weg gehen wird. Ich bin gespannt. Es zeigt einfach, dass man sich selbst treu bleiben muss, um den richtigen Weg im Leben zu gehen. Diese Botschaft gefällt mir sehr.
Ich glaube allerdings auch, dass dieses Buch kein ausgesprochenes Jugendbuch ist. Sicher, ab 13 oder 14 kann man es gut lesen. Aber die gesellschaftlichen Probleme und Konflikte sind so komplex, dass jeder Spaß haben wird, der fantastische Bücher mit vielschichtigen Charakteren mag, egal wie alt er oder sie ist.

Lieblingsnebencharakter: Ganz lange war für mich klar, dass Reinicke mein Liebling ist. Er ist schlagfertig, witzig und stellt sich als wahrer Freund heraus. Außerdem mag ich seine Ehrlichkeit. Davon müsste man sich glatt eine Scheibe abschneiden, denn wer gibt schon freiweg zu, dass er seine Hilfsbereitschaft an eigene Vorteile knüpft?
Letztendlich hat aber Gwenal das Rennen gemacht. Zum einen liebe ich ihre Fähigkeit und zum anderen hat mich ihr Schicksal sehr berührt. Sie hat so viel mit Ophelia gemeinsam, dass ich mir einfach wünsche, die beiden jungen Frauen wirbelten den Hof am Pol mal richtig durcheinander. Hoffentlich gibt es im nächsten Band ein Wiedersehen mit ihr.
Ach und falls ein lebendiger Schal ein eigener Buchcharakter ist, muss ich natürlich auch Ophelias Wollschal erwähnen. Es ist zu drollig, wie er Emotionen ausdrücken kann. Falls er mal ein neues zu Hause braucht, ist er bei mir stehts willkommen.

Fazit: Die Welt der Archen ist einfach so besonders. Man taucht in eine fantastische Welt voller Magie und Besonderheiten ein. Viele verschiedene Charaktere prägen das Bild der Geschichte, in der nie Langeweile aufkommt. Man muss immer aufmerksam bleiben, da die Handlung mit vielen unterschiedlichen Charakteren sehr dicht gestrickt ist und es einfach so viel zu entdecken gibt. Ein toller Reihenauftakt, der hohe Erwartungen an die Folgebände schürt.

Bewertung:
4 out of 5 stars

Bibliographisch Angaben:
Titel: Die Spiegereisende – Die Verlobten des Winters
Autorin: Christelle Dabos
Übersetzung: Amelie Thoma
Verlag: Insel
ISBN: 9783458177920
Ausgabe: Hardcover (18 Euro)

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