Rezension: „Die Bücherfrauen“ von Romalyn Tilghman

Cover „Die Bücherfrauen“ (Bildrechte: S. Fischer Verlage)

„Weißt du, dass du die falsche Geschichte zu erzählen versuchst? Es ist nicht Carnegie, dem wir die Bibliotheken verdanken. [….] Er war reich, ja, aber die Frauen waren es, die die Bibliotheken bauten. Wir Frauen waren es.“

(S.123)

Inhalt: Die Kleinstadt Prairie Hill in Kansas wurde von einem Tornado schwer getroffen, auch von der Gemeindebibliothek ist nur noch eine Mauer übrig. Der Nachbarort New Hope blieb zwar verschont, aber dort wurde die Bibliothek schon vor Jahren in ein Kulturzentrum verwandelt. Vor diesem Hintergrund treffen drei Frauen aufeinander, die gerade dabei sind ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Angelina will endlich ihre Dissertation zu den Carnegie-Bibliotheken beenden. Traci ist eine junge Künstlerin und sucht noch nach ihrem Platz im Leben und Gayle hat bei dem Tornado all ihren Besitz verloren und versucht nun die Kraft für einen Neuanfang zu finden.

Leseeindruck: Dieses Buch ist so viel: Es beschreibt die Geschichte der Carnegie-Bibliotheken, befasst sich mit der Geschichte Kansas und dem gesellschaftlichen Leben in der Provinz, zeigt Probeme der hiesigen Teenager auf, wirft einen Blick zurück in die Geschichte New Hopes, macht Klimakatastrophen zum Thema und auch ganz persönliche familiäre Schicksale dürfen nicht fehlen. Worum es in dem Buch aber wahrlich nur am Rande geht sind Bücher. Dieses Manko stört mich ungemein, denn man geht aufgrund des Covers und des Klappentextes mit völlig falschen Erwartungen an das Buch. Das macht es nicht leicht sich auf die Story einzulassen. Ständig habe ich darauf gewartet, dass ich den Charme der alten Bibliothek zu spüren bekomme, oder zumindest den Elan der Frauen, die sich dort regelmäßig treffen, aber leider war dem nicht so, denn dieses Buch will zu viel gleichzeitig. Hätte man den Fokus auf ein oder zwei Probleme gelegt, hätte man diese tiefgründig und umfassend beackern können. So kratzt man ständig nur an der Oberfläche. Noch dazu hat sich bei mir nie das Gefühl eingestellt, einen in sich schlüssigen Schmöker vor mir zu haben. Es ist eine Aneinanderreihung von Episoden, die sich nie zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Das Beste Beispiel hierfür sind die drei Frauenfiguren, aus deren Sicht die einzelnen Kapitel erzählt sind. Während Angelina und Traci irgendwann zusammenfinden, bleibt Gayle immer außen vor und eher eine Nebenfigur. Trotz ihres harten Schicksals schafft man es einfach nicht, eine Bindung zu ihr aufzubauen, weil sie zum einen wenig Raum erhält und zu anderen auch recht blas bleibt.

Leider bleibt auch die Charakterentwicklung sehr oberflächlich, was ich wieder der Tatsache zuschreibe, dass es einfach zu viele Problemfelder gibt, die nicht sinnvoll zusammengeführt werden. Außerdem ist auch die zeitliche Abfolge nicht immer logisch, genau wie das Verhalten der Figuren. Das alles hat es schwer gemacht, sich in der Romanwelt zurecht zu finden. Angelina zum Beispiel soll seit etwa 10 Jahren an ihrer Dissertation schreiben, begibt sich aber nach Kansas zum recherchieren, schreibt Gespräche nur bruchstückhaft mit und sucht noch nach dem wissenschaftlichen Mehrwert ihrer Arbeit. Sollte man nach 10 Jahren nicht schon weiter sein? Für mich taten sich von Seite zu Seite immer mehr Fragen auf, als dass sie beantwortet wurden. Auch der Stil ist eher holprig und die eine oder andere Stelle lässt mich vermuten, dass hier nicht immer sauber übersetzt wurde. Dabei kenne ich das Original nicht und kann mich nur auf mein Gefühl verlassen.

Es ist so schade, dass dieses Buch sein Potential nicht ausschöpft, denn gerade die Geschichte um Angelinas Großmutter ist spannend und verliert sich dann wieder abseits der Bibliotheksstoryline. Hoffnung und Enttäuschung prägen nicht nur das Leben der Charaktere, sondern auch das Lesen selbst.

Lieblingsnebencharakter: Es ist wirklich schwer eine emotionale Verbindung zu den Charkteren herzustellen, denn viele von ihnen bleiben einfach farblos oder lassen keine Entwicklung erkennen. Positiv in Erinnerung geblieben ist mir Rachel. Sie hat ebenfalls ein ergreifendes Schicksal und ist eine der wenigen Figuren, die als Verbindungsglied zu den anderen fungiert.

Fazit: Insgesamt habe ich das Buch dann doch recht zügig gelesen, weil man durch die kurzen Kapitel schnell voran kommt und die einfach gestrickte Story einem nicht viel abverlangt. Man erfährt viel über die kleinstädtischen Verhältnisse im Mittleren Westen der USA und auch der Aspekt der Carneigie-Bibliotheken ist durchaus interessant, alles in allem bleibt die Story aber zu oberflächlich und es finden sich immer viel zu schnell Lösungen, ohne dass es eine Entwicklung dahin gäbe. Ich hatte so gehofft, mich in dieses Buch zu verlieben, bleibe nun aber leider enttäuscht zurück.

Bewertung
3 out of 5 stars

Bibliographisch Angaben:
Titel: Die Bücherfrauen
Autorin: Romalyn Tilghman
Übersetzung: Britt Somann-Jung
Verlag: S.Fischer Verlage
ISBN: 9783103970807
Ausgabe: Hardcover (22 Euro)

Ich danke dem Verlag und lovelybooks für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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